Mittelbronzezeitliche Befestigung auf dem Stätteberg - Lehrgrabung
Ausgrabung in einer der größten vorgeschichtlichen Burgen Südbayerns: erfolgreiche Fortsetzung
Daten und Fakten:
Lehrgrabung der Ludwig-Maximilians-Universität München (Lehrstuhl für Vor- und Frühgeschichte, Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie und Provinzialrömische Archäologie) unter Beteiligung der Kardinal-Stefan-Wyszyński-Universität Warschau (Archäologisches Institut)
Grabungsleitung: Prof. Dr. Carola Metzner Nebelsick (LMU), Prof. Dr. Louis D. Nebelsick (UKSW Warschau), Grabungsassistenz: Dr. Ken Massy (LMU)
Graphische Gestaltung: Thomas Simeth MA (LMU)
Anthropologie Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Teegen (LMU)
Die bereits 2019 und 2021 durchgeführte Lehrgrabung auf dem Stätteberg bei Neuburg a. d. Donau im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, Oberbayern wurde auch 2022 im August für drei Wochen fortgesetzt:
In diesem Sommer ist die Lehr- und Forschungsausgrabung auf dem Stätteberg, Gemeinde Oberhausen, im Lkr. Neuburg-Schrobenhausen, Oberbayern unter Leitung von Professor Dr. Carola Metzner-Nebelsick, fortgesetzt worden.
Fasziniert von dieser spannenden und bislang kaum bekannten, riesigen insgesamt 86 ha großen Befestigung mit einer separaten Umwehrung des höchsten Teils des Stättebergs - der sogenannten Akropolis - mit einer Ausdehnung von 1,5 km wurden die Ausgrabungen in diesem Bereich fortgesetzt. Es handelt sich um eine der spektakulärsten Befestigungsanlagen der europäischen Bronzezeit nördlich der Alpen.
Die aus großen Kalkblöcken errichtete „zyklopische“ Mauer aus der Zeit um 1400 v. Chr. wurde dieses Jahr in einem Abschnitt komplett freigelegt. Es handelt sich um ist die früheste und größte ihrer Art nördlich der Alpen. Ähnliche Mauern finden sich in den bronzezeitlichen Castelliere Istriens an der nordöstlichen Adria oder in der Ägäis. Zwei ursprünglich etwas über zwei Meter hohe Mauerschalen aus massiven Kalksteinblöcken wurden mit kleinen Steinen und Stampflehmpackungen gefüllt. Wuchtige, an der vorderen und rückwärtigen Fassade angebrachte Holzpfosten hielten diese Konstruktion zusammen und bildeten das Fundament eines aus Holz gebauten Wehrgangs. In einem gewaltigen Inferno wurde diese Mauer zu Beginn der späten Bronzezeit auf ihrer gesamten Länge abgebrannt. Danach wurde die Burg vermutlich nach einer erfolgreichen Belagerung geschleift und nie wieder besiedelt.
Besonders war die Anlage auch durch das Vorhandensein eines großen Heiligtums, eines sogenannten Brandopferplatzes, auf dem höchsten Punkt des Berges, an dem göttlichen Mächten Tieropfer dargebracht wurden.
Unsere Untersuchungen zeigen, und dies ist ein Alleinstellungsmerkmal des Stättebergs, dass die großen Felsbrocken der Mauer unmittelbar davor gebrochen wurden. Es handelt sich um den ältesten bekannten Steinbruch Mitteleuropas. Ferner haben unsere diesjährigen Untersuchungen gezeigt, dass eine 25 Meter vor der großen Befestigung gelegene Vor-Mauer ähnlich aufgebaut war, wenngleich sie weniger mächtig war. Diese Mauer wurde nicht durch Brand zerstört, sondern systematisch abgebaut. Vermutlich wurden die Felsblöcke dieser älteren Befestigung im imponierenden Neubau der Mauer verbaut.
Spannend waren auch die Ergebnisse der Ausgrabung im rückwärtigen Teil der Mauer. Dort waren außer Keramikscherben Tierknochen deponiert worden, die Reste von Mahlzeiten, möglicherweise aber auch Zeugnisse von Opferungen sind. Es fanden sich zudem menschliche Knochen. Ob es sich um rituelle Deponierungen oder Belagerungsopfer handelt, bleibt zu klären.
Stätteberg: Digitales Geländemodell des Stättebergplateaus bei Oberhausen mit den eingefärbten Befestigungsanlagen sowie Detailausschnitt der Akropolis. Großes Bild: 1: Bereich der Akropolis/Oberburg des 14. Jh. v. Chr.; 2: vorgelagerte, möglicherweise ältere Befestigung; 3: durch äußeren Wall eingegrenzte Fläche der Siedlung; 4: Brandopferplatz; 5: hallstattzeitliches Gräberfeld; 6: Lage der Römerbrücke (graphische Gestaltung des DGM: T. Simeth).
Carola Metzner-Nebelsick vor der noch 1,80 m erhaltenen Steinmauer. Es handelt sich um den Sockel einer ursprünglich höheren mauer mit einem nicht mehr erhaltenen Wehrgang aus Holz (Foto: Thomas Simeth)
Studierende bei der Arbeit, Kampagne 2022 (Foto: Thomas Simeth)
Publikationen:
L. D. Nebelsick/C. Metzner-Nebelsick/Th. Simeth/K. Massy/W.-R. Teegen, Hoch über der Donau. Eine „zyklopische“ Steinbefestigung der Mittelbronzezeit auf dem Stätteberg bei Oberhausen. Bayerische Archäologie 2022/4, 14–25.
C. Metzner-Nebelsick/L. D. Nebelsick/K. Massy/W.-R. Teegen/Th. Simeth, Eine „zyklopische“ Steinbefestigung der Mittelbronzezeit auf dem Stätteberg bei Oberhausen. Arch. Jahr Bayern 2021, 41–43.
Media Outreach:
Zeitungsbeitrag Donaukurier (2022)
Zeitungsbeitrag Augsburger Allgemeine (2022)
Zeitungsbeitrag Neuburger Rundschau (2022)
TV-Beitrag TV Ingolstadt (2021)