Die Prachtlatrine von Sumelocenna/Rottenburg a. N. in ihrem städtebaulichen und kulturhistorischen Kontext
Das Projekt ist als interdisziplinäre Kooperation zwischen dem Institut für Klassische Archäologie der Universität Regensburg, der Professur für Provinzialrömische Archäologie der LMU München (Prof. Dr. Salvatore Ortisi) und dem Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg (Dr. Marc Heise) konzipiert. Das Römisch-Germanische Zentralmuseum, Leibniz-Forschungsinstitut (RGZM) und das Institut für Klassische Archäologie der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz sind als weitere Projektpartner beteiligt.
Teilprojekt: PD Dr. Martin Luik, LMU München, Wissenschaftliche Bearbeitung ausgewählter Kleinfundgruppen (Relief-TS, Namenstempel auf glatter TS, Fibeln)
Die zur Klärung chronologischer Fragestellungen entscheidenden Fundgruppen sind die Sigillaten, außer den Münzen, die getrennt von U. Klein, Stuttgart bearbeitet werden. Die Bestimmungsarbeiten wurden im Zeitraum vom 1.7.2021 bis 31.5.2022 im Dienstsitz Tübingen des Landesamts für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (LAD) durchgeführt. Sie wurden bis 31.3.2022 mithilfe der von der DFG bewilligten Personalmittel finanziert. Anschließend ermöglichte ein durch Mittel des LAD finanzierter Werkvertrag mit der LMU München die Bestimmung weiterer, ausgewählter Funde und die Erstellung einer vorläufigen Auswertung.
Rottenburg, Stadtviertel Martinshof. Emailscheibenfibel (Foto: Ch. Schwarzer, Landesamt für Denkmalpflege Stuttgart).
Die Bestimmungsarbeit erfolgte am Originalmaterial, jeweils an 2,5 Arbeitstagen pro Woche. Zu diesem Zweck wurden die Funde, soweit möglich, ausgelegt und während der Dienstzeiten des LAD durchbestimmt. Begleitend erfolgte laufend die Übermittlung der Dateien an die zentrale Projektdatenbank der Universität Regensburg. Im Rahmen der Materialaufnahme wurden rund 580 Reliefsigillaten erfasst. Spätsüdgallische Ware aus La Graufesenque und Banassac ist gut vertreten. Der geringe Anteil von Schüsseln Drag. 29 und Bechern Knorr 78 zeigt klar den deutlich späteren Beginn der römischen Besiedlung von Sumelocenna/Rottenburg im Vergleich mit Fundstationen wie Arae Flaviae/Rottweil auf, mit dem folglich wohl erst um 100 n. Chr. zu rechnen ist. Wenig überraschend ist dann der relativ geringe Anteil der mittelgallischen Ware, der sich ähnlich auch im benachbarten Grinario/Köngen und wohl auch in Stuttgart-Bad Cannstatt feststellen lässt. Gut vertreten sind wiederum Heiligenberger und Rheinzaberner Produkte. Die sog. Schwäbische Ware aus den TS-Töpfereien des Mittleren Neckarlandes spielt in Sumelocenna/Rottenburg keine nennenswerte Rolle, was angesichts der relativen Nähe zu den Produktionsstätten auffällt. Insgesamt entsprechen die Anteile der einzelnen Manufakturen dem von A. Gaubatz-Sattler 1999 anhand der Altfunde (bis 1985) aufgezeigten Verteilungsbild.
Auch die im Rahmen des Projekts erfassten 105 Namenstempel auf glatter Terra Sigillata bilden einen beachtenswerten Fundbestand. Die Bestimmung der Namenstempel erfolgte nach dem gängigen Standardwerk von B. Hartley und B. Dickinson, Names on Terra Sigillata (London 2008ff.). Es bietet derzeit den vollständigsten Überblick zum Thema, wenngleich die dort enthaltenen Angaben zur Herkunft und Zeitstellung in vielen Fällen als problematisch bezeichnet werden müssen. Im Vergleich mit den Reliefsigillaten fällt der Anteil der südgallischen Ware erheblich niedriger, dafür jedoch derjenige der mittelgallischen Ware höher aus. Erneut stammt aus Heiligenberg und Rheinzabern ungefähr die Hälfte des Fundstoffs. Für das Ende der römischen Besiedlung von Sumelocenna/Rottenburg, welches um die Mitte des 3. Jh. n. Chr. vermutet wird, ergeben sich keine wesentlichen neuen Gesichtspunkte.
In einem weiteren Schritt wurden die neu gefundenen römischen Fibeln aussortiert und wissenschaftlich bearbeitet. Es ist eine eigene Bemerkung wert, dass bisher nur relativ wenige römische Fibeln aus Sumelocenna/Rottenburg bekannt sind. Auch im Rahmen des DFG-Projekts konnten lediglich weitere sieben römische Fibeln erfasst werden, in durchweg schlechtem Erhaltungszustand. Die notwendigen Zeichen- und Fotografierarbeiten wurden vom Landesamt für Denkmalpflege finanziert. Die Gesamtzahl der römischen Fibeln hat sich somit auf immerhin 21 Fundexemplare erhöht, womit er quantitativ gesehen mit dem Bestand anderer größerer Siedlungen im römischen Südwestdeutschland wie Rottweil, Köngen und Walheim nicht zu vergleichen ist. Der älteste Fibeltyp ist eine Nertomarusfibel, jedoch sollte dieses Einzelstück nicht als Beleg für eine frühere Datierung von Sumelocenna/Rottenburg missverstanden werden. Die meisten Fibeln datieren in das 2. Jh. n. Chr., einige auch noch später.
Die Publikation der Projektergebnisse ist für die Reihe „Forschungen und Berichte zur Archäologie in Baden-Württemberg“ vorgesehen.
Förderung
- Das Projekt wird durch die DFG gefördert
Kooperationspartner
- Universität Regensburg
- LEIZA (naturwissenschaftliche Materialanalysen)
- Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Arbeitsbereich Klassische Archäologie)
Vorbericht
- M. Tombrägel, Die Prachtlatrine von Rottenburg am Neckar. In: D. Ade u. a. (Hrsg.), Archäologie zwischen Neckar, Alb und Bodensee. Von der Steinzeit bis in die Moderne. Arch. Informationen Baden-Württemberg 91 (Esslingen 2024) 134-139.
- M. Luik, Rottenburger Schmuckstücke. Zwei Fibeln im Fokus. Ebd. 140-142.