Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie und Provinzialrömische Archäologie
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Städtewesen im Donaumündungsgebiet zwischen Spätantike und Frühmittelalter

Städtewesen im Donaumündungsgebiet zwischen Spätantike und Frühmittelalter

In der Norddobrudscha ist auffallend, dass wichtige antike Stätten wie Halmyris, Argamum, Noviodunum ad Istrum, Beroe und Ibida aufgegeben und zu Wüstungen wurden. Einzig Aegyssus ist mit dem heutigen Tulcea als Stadtanlage immer noch existent, wenngleich keine kontinuierliche Entwicklung vorliegen dürfte. Die Zentralorte im Donaumündungsgebiet wurden im 6. und 7. Jahrhundert aufgegeben, ohne dass hierzu ausreichende Untersuchungen vorliegen. Die ältere Forschung hat Awareneinfälle im späteren 6. Jh. für das Ende der Stadtkultur im Donaumündungsgebiet verantwortlich gemacht.
Zum Verständnis der Städte ist die Frage der Hafenlokalisierung wichtig. Hierzu gibt eine Kooperation mit der Bayerischen Gesellschaft für Unterwasserarchäologie. Aegyssus, Noviodunum ad Istrum und Beroe besaßen Flusshäfen an der Donau. Halmyris und Argamum hatten den Zugang zum Schwarzen Meer.
Besonderes Forschungspotential bietet die Stadtwüstung von Argamum/Argamon (griechisch Orgame), die bereits durch den rumänischen Althistoriker Vasile Pârvan (1882-1927) 1916 auf dem Gebiet der Gemeinde Jurilovca am Kap Dolosman am Razelm-See erkannt wurde. Sie stellt eine frühe griechische Hafenstadtgründung am Schwarzen Meer dar, die Hekataios von Milet als Tochterstadt von Histria charakterisierte. Der lateinische Stadtname Argamum ist durch eine Inschrift der Zeit um 100 n. Chr. gesichert (AE 1919, 10). Das gesamte Stadtareal, zu dem mindestens drei Kirchen gehören, ist erst unzureichend erfasst und kaum dokumentiert.
Um Abhilfe zu schaffen, wurde Ende August bis September 2015 in Kooperation mit dem zuständigen Institutul de Cercetari Eco Muzeale Tulcea eine Dokumentationskampagne seitens des Instituts für Vor- und Frühgeschichte und Provinzialrömische Archäologie unter Leitung von B. Päffgen durchgeführt. Im September 2016 fand eine weitere Kampagne statt, die u.a. die Anwendung der geophysikalischen Prospektion erfolgreich im Gelände testete (mit Marion Scheiblecker M.A.). In weiteren Kampagnen wurde die geophysikalische Prospektion bis 2019 zusammen mit der Universität Erlangen fortgeführt (Dr. Carsten Mischka).
Für Argamum stellt sich die Frage nach der Lokalisierung des Hafens im Razelm-See und die Rekonstruktion der antiken Situation mit dessen anderem Erscheinungsbild mit einer Verbindung zum Schwarzen Meer. Hinzu kommt die Funktion der Argumum vorgelagerten Insel Bisercuta, die größeren Schiffen das Anlegen ermöglicht haben dürfte. Hier gibt es Hinweise auf eine Nutzung bis in das 10. Jh. Vor Argamum konnte bei Gura Portiței ein Schiff des 3. Jhs. in etwa 5 Metern Tiefe vor der Küste entdeckt werden, das vermutlich aus Richtung Histria kommend den Hafen von Argamum nicht mehr erreichte. Das Wrack weist eine höchst seltene Holzerhaltung bis hin zum Mast auf.

Kooperationspartner: Institutul de Cercetari Eco Muzeale Tulcea (Dr. G. Nutu); Bayerische Gesellschaft für Unterwasserarchäologie Unterwasserarchäologie (Prof. Dr. Tobias Pflederer) Universität Erlangen (Dr. Carsten Mischka).

Publikationen: B. Päffgen, G. Nutu u.a., Neue Prospektionsmethoden im antiken Aegyssus. In: The Man, the River and the Sea, Archaeology and History studies in honour of Florin Topoleanu on his 65th anniversary (Cluj-Napoca 2017) S. 275-286; M. Fiederling, B. Päffgen u. T. Pflederer, Noviodunum - die Suche nach dem Hafen. Eine alte Frage und neue Forschungen unter Einsatz von modernen Unterwasserarchäologischen Prospektionsmethoden. In: Ebd. S. 287-300; G. Nutu, B. Päffgen, T Pflederer, M Fiederling, Epava Rusu. In: Cronica cercetărilor arheologice din România 2016, S. 56-58; R.G. Dimitriu, G Nuțu, B. Päffgen, A. Popa et al., Search for “Gura Portița - A” ancient ship wreck and surroundings – a complex, high resolution marine geophysical survey nearshore northern Romanian littoral. Report 2017, Romanian Ministry of Research and Innovation, CNCS – UEFISCDI, project number PN-III-P4-ID-PCE-2016-0852, within PNCDI III.