Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie und Provinzialrömische Archäologie
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Das römische Marschlager von Wilkenburg-Laatzen (Hannover)

Ein neuentdecktes römisches Marschlager bei Wilkenburg, Gde. Hemmingen, Region Hannover

Wilkenburg_TopographieIm Rahmen einer systematischen Flugprospektion im Auftrag des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege hatte der Luftbildarchäologe Otto Braasch 1992 auf einer Ackerfläche bei Wilkenburg südlich von Hannover und westlich von Laatzen Grabenstrukturen erkannt, die sich in Form von Bewuchsmerkmalen an der Oberfläche abzeichneten. Die Archäologen des Niedersächsichen Landesamts für Denkmalpflege (NlD) fanden bei der Überprüfung im Gelände ur- und frühgeschichtliche Scherben, konnten die fragliche Ansprache „Römerzeit“ damals aber nicht verifizieren. Die Fläche mit den Luftbildbefunden wurde als Fundstelle unbekannter Zeitstellung in die archäologischen Karten eingetragen.

Der ehrenamtliche Luftbildarchäologe Heinz-Dieter Freese hatte in den vergangenen Jahren die Aufnahmen im Archiv des NLD mit eigenen Luftbildern abgeglichen und kombiniert. Auf diese Weise konnte nun im Gelände eine regelmäßige Grabenanlage von etwa 500 m Kantenlänge identifiziert werden, das, wie bereits von Braasch bemerkt, die charakteristischen abgerundeten Ecken eines römischen (Marsch-)Lagers aufweist.

Römische Marschlager sind häufig nur als Befestigung eines temporären Lagerplatzes angelegt worden. Charakteristisch ist ihre Fundarmut.

Wilkenburg_GrabenprofilIn zwei kurzen Grabungskampagnen im April und Oktober 2015 konnte die römische Zeitstellung der Grabenanlage verifiziert werden.

Im Zuge der von der Universität Osnabrück in Zusammenarbeit mit dem LfD (Dr. Henning Haßmann; Dr. Friedhelm Wulf) im Oktober durchgeführten Grabung wurden im nordwestlichen Abschnitt des Lagers mehrere Sondagen angelegt. In denen vor allem eine Torsituation untersucht wurde.

Der Wehrgraben weist einen V-förmigem Querschnitt auf. Für römische Gräben charakteristisch ist auch ein in die Grabenspitze eingetieftes, etwa schaufelbreites „Reinigungsgräbchen“. Die Ausdehnung des Lagers bzw. der Verlauf der Gräben wurde begleitend durch das Institut für Geographie, Lehrstuhl für Physische Geographie der Universität Osnabrück (Dipl. Geogr. Andreas Stele,) geophysikalisch prospektiert. Da der Untergrund für diese Art der präzisen Prospektion leider wenig geeignet ist, liegen bisher noch keine endgültigen Ergebnisse vor. Die diesbezüglichen Arbeiten werden fortgesetzt.

Parallel zur Grabung und zur geophysikalischen Untersuchung wurde durch Mitarbeiter des NLD eine systematische Flächenprospektion mit dem Metalldetektor durchgeführt. Die Fibelfragmente (Gewandschließen) datieren in die Zeit kurz vor Christi Geburt. Viele weitere unspezifische Buntmetallfunde bedürfen noch einer weiteren Untersuchung. Entscheidend sind einige Münzen, die zum typischen „Soldatenkleingeld“ der augusteisch-tiberischen Zeit gehören. Die jüngsten Münzen sind um Christi Geburt in Lyon geprägt worden.

Das Wilkenburger Lager ist das erste in Norddeutschland entdeckte und zumindest ansatzweise ergrabene römische Marschlager. Im Rahmen der augusteischen Germanien-Feldzüge müsse zahlreiche solcher Lager angelegt worden sein. Ihr Nachweis ist aufgrund der Fundarmut allerdings schwierig. Mit der Entdeckung des Lagers von Wilkenburg liegt nun erstmals ein konkreter Nachweis des römischen Militärs im zentralen Niedersachsen vor.

Im Rahmen eines in Vorbereitung befindlichen Forschungsprojekts soll das weitere Umfeld des Lagers systematisch prospektiert und untersucht werden.

Kooperationspartner

Ludwig-Maximilians-Universität München

Prof. Dr. Salvatore Ortisi (Professur für die Provinzialrömische Archäologie)

Universität Osnabrück

Prof. Dr. Joachim Härtling (Institut für Physische Geographie)
Dipl. Geogr. Andreas Stele (Institut für Geographie)

Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege

Hon. Prof. Dr. Stefan Winghart
Dr. Henning Haßmann
Friedrich-Wilhelm Wulf M.A.

Region Hannover

Ute Bartelt M.A.

Leibniz Universität Hannover

Dr. Robert Lehmann (Institut für Anorganische Chemie, Arbeitskreis Archäometrie)

Historisches Museum Frankfurt

Dr. Frank Berger